Jüdisches Leben in Kleinheubach

In Kleinheubach gab es bis 1942 eine jüdische Kultusgemeinde, die in ihrer Blütezeit 10 Prozent der hiesigen Bürgerschaft ausmachte.
Sie besaß eine Synagoge, ein Schulhaus, ein Ritualbad (Mikwe) und einen Friedhof.

Seit nachweislich 1677 lebten Schutzjuden in Kleinheubach, das an der Gabelung zweier wichtiger Fernhandelsrouten lag (Frankfurt – Nürnberg – Prag; Frankfurt – Augsburg – Italien).
Eine organisierte Gemeinde mit dauerhaftem Minjan gab es wohl spätestens seit dem frühen 18. Jahrhundert, seit 1726 wuchs die Gemeinde stetig. Für den Erwerb eines Schutzbriefes musste ein Jude damals zunächst einmalig 30 Gulden bezahlen, hinzu kamen jährliche Steuern in Höhe von insgesamt 14 Gulden. Diese jährliche Steuerlast blieb bis zur Abschaff ung der besonderen
Judensteuer im Jahr 1850 unverändert.
Die Schutzbriefe verliehen den jüdischen Inhabern neben dem Recht der Niederlassung und freien Handelsausübung eine gewisse Autonomie in innerjüdischen Angelegenheiten. Schlichter bei Auseinandersetzungen zwischen Juden war der vom Fürsten Löwenstein für
seine privaten Reichslande angenommene Rabbiner der Grafschaft Wertheim.
Die Haushaltsvorstände erschienen in den Steuerlisten mit dem Zusatz „Schutzjuden“ und entrichteten dafür eine jährliche Abgabe.
Die in Kleinheubach ansässigen Juden übten unterschiedliche Berufe aus: sie waren Händler (Tuche, Kleidung,
Schuhe, Eisenwaren), Pferde- und Viehhändler, Bauern, Metzger, Gerber, Weber, Rauchwarenhändler.
Es gab in Kleinheubach kein „Ghetto“ oder spezielles Judenviertel, die jüdischen Einwohner lebten inmitten der
Dorfgemeinschaft.
Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts war die Gemeinde immer weiter geschrumpft. Lebten 1932 noch 35 Jüdinnen und
Juden in Kleinheubach, so waren es 1938 nur noch 18 Personen.
Noch in der Nacht des Novemberpogrom 10./11. November 1938 wurden die verbliebenen 18 Kleinheubacher Jüdinnen und
Juden, deren Synagoge, privaten Geschäfte und Wohnungen „das Opfer einer kochenden Volkseele“ geworden waren, nach
Miltenberg in das Gerichtsgefängnis eingeliefert.
Auch in Kleinheubach gipfelte die über Jahrhunderte immer wieder auftretende Judenverfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus
in der Shoa.