Von den verschwundenen Wirtshäusern Kleinheubachs (Teil VII): Das Gasthaus „Zur schönen Aussicht“

Die „schöne Aussicht“ ein Traditionsgasthaus im Altort

Auf dem Anwesen des Gasthaus „Zur Schönen Aussicht“ in der Marktstraße 12, das bis hinunter zum Main reichte, befand sich auch eine Bierbrauerei mit Braurecht, jedoch verfügte das Gasthaus über kein Realrecht und keine Schildgerechtigkeit.

Erster Besitzer war im ausgehenden 19. Jahrhundert ein Kaspar Klein, der auch eine Brauerei einrichtete und betrieben hat. Von 1889 bis 1900 geht aus alten Gemeinderechnungen hervor, das der Bierbrauer Jakob Deffner in dieser Zeit als Besitzer für die „Schöne Aussicht“ die Malzsteuer entrichtete. Gleichzeitig ist auch von 1890 bis 1893 ein Karl Sotter aufgeführt, der in diesen Jahren auch den großen Saal im Hinterhof gebaut hatte und wird als Ohmgeldzahler für den Ausschank von Wein und Apfelwein aufgeführt.

schoeneaussichtIn der wechselvollen Geschichte dieser Gastwirtschaft folgte von 1893 bis 1908 Otto Schneider als Pächter, bis dieser schließlich 1909 auch das Gasthaus „Zum Hirschen“ aus dem Nachlass des Josef Kirchhoff gekauft und als Wirtschaft geführt hatte. Von 1909 bis 1918 folgte Wilhelm Filbert als Pächter der „Schönen Aussicht“ die von 1909 bis 1919 im Besitz des Malzfabrikanten Karl Ries aus Aschaffenburg gewesen war. Im Jahre 1919 erwarben Franz und Ella Hoerr das Anwesen und bauten an den bereits vorhandenen großen Saal noch eine Bühne an. Franz Hoerr war nicht nur Gastwirt, sondern betrieb mit seinen Pferden auch noch eine kleine Landwirtschaft. Interessant ist noch zu wissen, das am 8. Juni 1923 für Franz Hoerr die Konzession zum Betrieb der Wirtschaft, allerdings ohne Braurecht erteilt wurde. Zu jener Zeit brach über Deutschland gerade die Inflation herein und Hoerr hatte an Kosten und Gebühren für die Erteilung der Konzession stattliche 40000 Mark an die Gemeinde und das Bezirksamt zu bezahlen. 

Von den Eheleuten Hoerr wurde bis zum Jahre 1955 die Gastwirtschaft mit einigen Fremdenzimmern samt großen Saal betrieben. Bis in die sechziger Jahre fanden in diesem wohl damals größten Saal der Umgebung regelmäßige Tanzveranstaltungen und gesellschaftliche Treffen von Reisebusveranstaltern statt. Auch diente der Saal bis 1968 als Lichtspieltheater (Kino). Die Gastwirtschaft mit Pensionsbetrieb führten ab 1955 die Tochter der Eheleute Hoerr, Irmgard Marc und deren Ehemann Wolfgang bis zum Jahre 1993. In dieser Zeit wurden auch der Zugang zum Lokal von der Hofseite in die Marktstraße verlegt und die Gasträume grundlegend renoviert. Aus Altersgründen wurde die „Schöne Aussicht“ 1993 an Helga Büttner verpachtet und von 1998 bis 2003 hieß das Pächterehepaar Manfred und Ingrid Zink die in der „Schönen Aussicht“ eine „Vesperstube“ betrieben haben. Ab Mai 2003 wird die „Schöne Aussicht“ vom Ehepaar Rudolf Schwaab als gut bürgerliches Lokal weitergeführt. Der große Saal, samt ehemaligem Brauereigebäude wird seit 1998 privat genutzt.

Foto: Die „Schöne Aussicht“ hatte um das Jahr 1950 ihren Zugang noch von der Hofseite. 
Foto & Bericht: Manfred Seemann